Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz enthält gleich eine Reihe von Neuerungen und Liberalisierungen, von denen besonders beruflich qualifizierte Fachkräfte profitieren können. Vor allem aber definiert das Fachkräfteeinwanderungsgesetz endlich einen einheitlichen Fachkräftebegriff, der Hochschulabsolventen und Beschäftigte mit qualifizierter Berufsausbildung umfasst: Demnach gilt als Fachkraft, wer eine inländische qualifizierte Berufsausbildung oder eine gleichwertige Berufsqualifikation hat. Akademiker sind Fachkräfte im Sinne des Gesetzes, wenn sie einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen mit einem deutschen vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen.

Der Arbeitsmarkt wird für beruflich Qualifizierte geöffnet.

Durch das neue Gesetz werden beruflich und akademisch qualifizierte Fachkräfte nun weitestgehend gleichgestellt. So entfällt etwa die Positivliste für Engpassberufe. Die bislang geltende Beschränkung auf von der Bundesagentur für Arbeit definierte Engpassberufe wird damit abgeschafft. Ebenso ist auch die sogenannte Vorrangprüfung passé, in der durch die Bundesagentur für Arbeit bisher geprüft wurde, ob die Stelle nicht auch durch deutsche oder EU-Staatsangehörige besetzt werden könnte. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz hält sich allerdings die Option offen, die Vorrangprüfung wieder einzuführen, falls sich die Situation am Arbeitsmarkt ändern sollte. Allein bei der Berufsausbildung bleibt die Vorrangprüfung bestehen.

Einführung eines „Beschleunigten Fachkräfteverfahrens“

Bisher klagten viele Firmen über langwierige und intransparente Zuwanderungsprozesse. Im Rahmen des neuen „Beschleunigten Fachkräfteverfahrens“ können nun Personen aus Drittstaaten das für die Einreise und Arbeitsaufnahme erforderliche Visum schneller als bisher erhalten. Beschleunigt werden sowohl die Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses als auch die Terminvergabe und Visumsausstellung bei der Botschaft. Voraussetzung ist, dass die Fachkraft in Deutschland bereits einen Arbeitgeber gefunden hat, da dieser mit Vollmacht seiner Fachkraft das Verfahren bei der zuständigen Ausländerbehörde anstößt. Erster Schritt dabei ist ein Erstberatungsgespräch mit der zuständigen Stelle. Mit den Ausländerbehörden der Städte Nürnberg, Fürth und Erlangen sowie der Landkreise Nürnberger Land und Fürth hat die IHK vereinbart, das „Beschleunigte Fachkräfteverfahren“ gemeinsam zu organisieren, um zusammen ein schnelles und transparentes Zuwanderungsverfahren zu bieten. Hier bietet der „IHK-Firmenservice internationale Fachkräfte“ (IHK-FiF) die Erstberatung und Weitergabe der vorgeprüften Unterlagen an. Aber auch sonst lohnt eine Erstberatung durch den IHK-FiF.

Wenn übrigens im gleichen Zuge mit dem Prozess der Familiennachzug angestoßen wird, gelten auch für die Angehörigen die verkürzten Fristen des „Beschleunigten Fachkräfteverfahrens“. Auch hier unterstützt der IHK-FiF.

Das „Beschleunigte Fachkräfteverfahren“ ist Gebührenpflichtig (411 €).

Aufenthaltstitel zur Nachschulung

Die Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufsqualifikation ist der Knackpunkt, ob ein Drittstaatsangehöriger einen Aufenthaltstitel zur Beschäftigung bekommen kann. Im nicht-akademischen Bereich kommt es relativ häufig vor, dass eine ausländische Qualifikation erst dann als gleichwertig anerkannt wird, wenn sich der Betroffene in Deutschland nachqualifiziert. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz bietet Nicht-EU-Bürgern nun erweiterte Möglichkeiten einen „Aufenthalt zur beruflichen Anerkennung“, zu beantragen, der auf zwei Jahre befristet ist.

Arbeitsplatzsuche vor Ort

Fachkräfte können fortan für maximal ein halbes Jahr nach Deutschland einreisen, um einen Arbeitsplatz zu suchen. Dieser Weg stand bisher nur Hochschulabsolventen offen. Nun haben auch beruflich Qualifizierte die Möglichkeit, sich vor Ort auf Stellensuche zu begeben. Fachkräfte müssen jedoch nachweisen, dass ihr Lebensunterhalt während dieser Suchphase gesichert ist und sie Deutschkenntnisse mitbringen.

Ausbildungsmarkt sondieren

Neu geschaffen wurde auch die Möglichkeit, für Bürger aus Drittstaaten bis zum 24. Lebensjahr in Deutschland einen Ausbildungsplatz zu suchen. Interessierte können nun mit einem Schulabschluss einreisen, der zu einem Studium im Heimatland oder in Deutschland berechtigt.. Der Aufenthalt für die Ausbildungsplatzsuche ist auf sechs Monate beschränkt und an weitere Voraussetzungen geknüpft: Die jungen Menschen müssen ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und Deutschkenntnisse haben.

Sichere Perspektiven

Für die Attraktivität des Standorts Deutschland auf dem internationalen Arbeitsmarkt spielt eine sichere Zukunftsperspektive eine entscheidende Rolle. Diesen Faktor greift das Fachkräfteeinwanderungsgesetz auf: Fachkräfte mit deutscher Berufsausbildung können sich künftig, wie bislang nur Absolventen deutscher Hochschulen, dauerhaft in Deutschland niederlassen, wenn sie zwei Jahre in einem ihrer Qualifikation entsprechenden Job beschäftigt waren und in die Rentenkasse einbezahlt haben.

Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes in Bayern: zentral & dezentral

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird durch den Freitsaat Bayern in der Verwaltungspraxis umgesetzt. Dazu  hat der Ministerrat am 18.02.2020 beschlossen, in Nürnberg eine Zentrale Stelle für die Einwanderung von Fachkräften einzurichten. Diese wird neben den bestehenden Ausländerbehörden für die Umsetzung des „Beschleunigten Fachkräfteverfahrens“ zuständig sein. Die Zuständigkeit der bestehenden 96 Ausländerbehörden in Bayern bleibt durch die Einrichtung der zentralen Stelle für die Fachkräfteeinwanderung unberührt. Firmen können somit fortan wählen, an wen sie sich wenden.

Einen kompakten Überblick zu den Neuerungen des Gesetzes bietet Ihnen unser Tagesseminar „Internationale Fachkräfte erfolgreich integrieren – Update FEG“ am 19.3.  Marius Tollenaere und Katharina Vorländer, Rechtsanwälte bei der auf Wirtschaftsmigrationsrecht spezialisierten Kanzlei Fragomen, Frankfurt geben Ihnen einen Einblick in die Neuerungen des Gesetzes und stehen für Fragen zur Verfügung.