Die Coronakrise hat die Arbeitswelt schlagartig verändert: Viele Unternehmen haben ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Home-Office geschickt – und dessen Vorzüge schätzen gelernt. Wir bei KANTAR, einem der weltweit größten Marktforschungs- und Data Analytics Unternehmen, haben uns gefragt: Wird sich das Home-Office langfristig in unserer Arbeitswelt etablieren? Werden Unternehmen nun schwerpunktmäßig auf mobiles Arbeiten setzen? Und welches Home-Office-Modell ist das Richtige? Dazu haben wir uns die Ergebnisse vieler Befragungen mittelständischer und größerer Unternehmen aus diversen Branchen genauer angeschaut. Wichtig war dabei, verschiedene Unternehmensebenen zu berücksichtigen (z.B. Mitarbeiter, Team-/Abteilungsebene, Geschäftsführung), um ein aussagekräftiges Gesamtbild zu erhalten (insgesamt ca. n=4.000 Interviews).
Tatsächlich verlief der Übergang ins Home-Office in Deutschland während der Corona-Pandemie bemerkenswert reibungslos – von vereinzelten anfänglichen IT-Schwierigkeiten einmal abgesehen. Über 90 Prozent der Belegschaften wünschen sich, das mobile Arbeiten zumindest in Teilen dauerhaft zu etablieren. Erste Befragungen haben gezeigt, dass Mitarbeiter ihre Produktivität im Home-Office mehrheitlich positiv beurteilen: 41% der Befragten fühlen sich produktiver als zuvor, 31% genauso produktiv wie im Büro. Nur 25% schätzen, dass sie zuhause weniger gut arbeiten und 3% sind unschlüssig.
Und wie ist es um den Klimaschutz bestellt? Auch hier geht eine große Mehrheit (89% der Befragten) davon aus, das Home-Office leiste einen positiven Beitrag zum Klimaschutz.
Nun stehen viele Unternehmen vor der Überlegung, wie sie künftig mit der Planung ihrer Büroflächen umgehen sollen. 71% der Unternehmen, also eine große Mehrheit, gibt an, langfristig ihre Büroflächen zugunsten von Home-Office um mindestens 25% reduzieren zu wollen.
Ist Home-Office also die Zukunft? Bei dieser Frage zeichnet sich ab, dass nach der ersten Euphorie im Juni die Zweifel wachsen und die Motivation wieder abnimmt. Das liegt offenbar daran, dass persönliche Beziehungen und Treffen innerhalb der Teams eine große Rolle spielen: Im Oktober konnten wir in einer Umfrage messen, dass 71% der Mitarbeiter den persönlichen Kontakt zu Kollegen und Vorgesetzten vermissen. Gleichzeitig fürchten 33% der Unternehmen die Bindung zu den Mitarbeitern zu verlieren und austauschbarer zu werden. 23% der Führungskräfte sorgen sich um den Zugriff auf ihre Teams.
Auch die verschwimmenden Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben führen mit einer empfundenen 24/7-Bereitschaft zu einem „Überstunden-Gefühl“. Darüber hinaus vermissen 61% der Mitarbeiter nach unserer jüngsten Befragung die ausreichende Wertschätzung durch ihre Vorgesetzten. Viele Mitarbeiter fühlen sich nicht richtig an die Hand genommen und bemängeln Konzeptlosigkeit. Dass die Teamführung unter Home-Office leidet, bestätigen 47% der Mitarbeiter.
Unser Fazit: Erfolgsentscheidend ist ein klarer Organisationsrahmen. Mitarbeiter sollen wissen, was von ihnen erwartet wird, welche Aufgaben im Home-Office und welche im Büro zu erledigen sind, welche Kommunikationsmittel verwendet werden und wann fest terminierte Feedback-Gespräche geführt werden.
Welches Home-Office Modell ist nun das Richtige? Es zeigt sich, dass ein hybrides Modell aus Präsenz und Home-Office Tagen ideal ist. 72% der Mitarbeiter halten zwei oder drei Tage Home-Office pro Woche für die beste Lösung. Doch wichtig zu wissen ist: Eine pauschale Lösung gibt es aber nicht, dafür sind die Rahmenbedingungen und Berufsgruppen zu unterschiedlich. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Ziele, Prozesse und Strukturen, die sich nicht über einen Kamm scheren lassen. Nur eine unternehmensspezifische Untersuchung wird hier ein nachhaltiges Ergebnis liefern können.
Autoren:
Tobias Reiland
Kantar GmbH
Frank Siebke
adhoc consulting GmbH