Industrie 4.0 ist keine reine Männersache: Frauen in Führungspositionen im Technik-Feld

Von Friederike Voigt

Weniger als zehn Prozent der Führungspositionen im Technologiesektor werden von Frauen besetzt. Die Ingenieurin Sophia Hatzelmann ist eine von ihnen.

Dass zehn Prozent nicht viel sind, weiß Hatzelmann. Deswegen engagiert sich die Geschäftsführerin der technischen Unternehmensberatung ahc GmbH verstärkt für mehr Frauen in den MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). Im Jahr 2018 wurde sie dafür auf der Hannover Messe zur „Engineer Powerwoman“ ausgezeichnet. Ein Gespräch über die Frauenquote, die Digitalisierung und eine noch nie dagewesene Chance für Ingenieurinnen und Architektinnen.

Sie sind Ingenieurin der Elektrotechnik und seit 20 Jahren erfolgreich als Projektleiterin und Beraterin in der Automobil- und Maschinenbaubranche tätig. Wie vielen Frauen begegnen Sie in den Führungsetagen?
Am Anfang meiner Karriere war ich ziemlich alleine auf weiter Flur. Das ist aber auch klar – wenn ich ans Studium zurückdenke, war ich auch die einzige Frau. In den letzten Jahren hat der Frauenanteil in den Führungsetagen aber deutlich zugenommen.

Woran können Sie diese positive Entwicklung festmachen?
Vor allem an der Frauenquote. Davor haben Frauen kaum eine Chance gehabt, in einer von Männer dominierten Industrie eine Führungsposition zu erreichen. Durch die Quote, die viele Unternehmen bereits eingeführt haben, sieht das schon anders auch.

Beim Porzellanhersteller Villeroy & Boch gab es vor Kurzem aufgrund der Frauenquote erstmalig einen leeren Posten im Aufsichtsrat. Sollte die Frauenförderung nicht schon in den unteren Etagen ansetzen, sodass es dann auch genügend Nachwuchs für ganz oben gibt?
Klar, die Förderung muss bereits recht früh ansetzen. Eigentlich schon im Kindergarten bzw. Grundschulalter. Hier müssen wir uns lossagen von Stereotypen. Mir hat beispielsweise Mathematik schon immer viel Spaß gemacht, aber Verständnis hatte man dafür nicht wirklich. Es war ja ein „Männerfach“ und ich war eine Frau. Das passte nicht zusammen. Bis heute hat sich da übrigens wenig getan – ich habe drei Töchter. Auch sie haben mit Stereotypen zu kämpfen.

„Wenn wir gemischtere Teams haben, wird anders übereinander gesprochen. Konstruktiver.“, ist Sophia Hatzelmann überzeugt. Mit freundlicher Genehmigung von ahc GmbH

Was können wir gegen diese „Rosa-Blau-Falle“ tun?
Ich setze mich seit Jahren für den Girls’Day an Schulen ein. Das hilft zumindest, auf die Situation aufmerksam zu machen und Diskussionen anzuschieben. Außerdem bin ich persönlich für eine Monoedukation in bestimmen Fächern ab einem bestimmten Alter, also dass MINT-Fächer geschlechtergetrennt unterrichtet werden. Denn es ist bewiesen, dass die meisten Frauen in den MINT-Studiengängen vorher auf einer Mädchenschule gewesen sind.

Schafft denn die Digitalisierung ein neues Spielfeld, auf dem für Frauen die gleichen Spielregeln gelten wie für Männer?
Sicher, denken wir an Homeoffice, flexible Arbeitszeiten sowie das ortsunabhängige Büro. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Nicht zu vergessen die Fortbildungsmöglichkeiten, die uns das Internet bietet. Es war noch nie so einfach wie heute, Seminare im Software-Bereich zu belegen.

Die Digitalisierung bringt aber auch neue Phänomene hervor wie Industrie 4.0, ermöglicht Building Information Modelling und beschleunigt nicht zuletzt Entwicklungen in Künstlicher Intelligenz (KI) bzw. Robotik. Wie positionieren sich Frauen in diesen Feldern?
Mir persönlich sind in diesen Bereichen gar keine oder recht wenig Frauen bekannt. Dabei birgt vor allem Robotik bzw. KI eine riesengroße Chance für Frauen. Denn hier geht es nicht um die reine Technik und wie das eine Zahnrad in das andere greift, sondern auch viel um Kommunikation, um die Schnittstelle zum Menschen. Hier können Frauen durch ihre kommunikative Art punkten.

Inwiefern werden sich von Männern dominierte Branchen wie die Architekturbranche verändern, sollten hier eines Tages genauso viel Frauen wie Männer das Sagen haben?
Wenn wir gemischtere Teams haben, wird anders übereinander gesprochen. Konstruktiver. Es gibt weniger Aggression im Raum. Wir werden eher fakten- sowie zielorientierter diskutieren. Es wird mehr kommuniziert – was aber nicht unbedingt die Prozesse beschleunigt, dessen sollte man sich bewusst sein. Wir werden den Blick für Details schärfen. Allgemein: Es wird bunter werden.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Redshift, einer Autodesk-Publikation, um Designer, Ingenieure, Architekten und Hersteller zu inspirieren. Haben Sie Lust auf mehr Inhalt? Abonnieren Sie den Redshift-Newsletter.