Von Susanne Wißfeld

Ein Mitarbeiter ist im Home-Office, ein anderer arbeitet in Teilzeit und der dritte ist gerade auf dem Weg zum Kunden. Die anderen Teammitglieder arbeiten an unterschiedlichen Projekten standortübergreifend im Büro. Und die Vorgesetzten, die diese unterschiedlichen Profile effizient koordinieren müssen, fragen sich: Wie müssen wir umdenken, um in der modernen Arbeitswelt erfolgreich zu führen? Die Arbeitswelt befindet sich mitten in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess – nicht nur, aber vor allem durch die Digitalisierung. Neue Arbeitsformen und Wege der Zusammenarbeit setzen sich immer stärker durch. Neue technische Tools ermöglichen es, immer und überall zu arbeiten und zu kommunizieren. Eine Herausforderung für Vorgesetzte, die eine gute Teamleistung und ein respektvolles Arbeitsklima sicherstellen müssen. Es liegt an ihnen, ihren Führungsstil an die Veränderungen anzupassen.

„Agile Führung“ als Antwort auf die agile Arbeitswelt?

Flexible Arbeitsmodelle lassen sich durch traditionelle Personalführung nur schwer steuern. Daher braucht es einen neuen Führungsstil, der die Veränderungen durch agiles Arbeiten, aber auch durch agile Unternehmensprozesse aufgreift. Für diesen Führungsstil wird häufig der Begriff „Agile Führung“ genutzt. Er spiegelt wider, dass alle Beteiligten am Unternehmenserfolg, ob Mitarbeiter oder Führungskräfte, flexibler auf Herausforderungen und Unvorhergesehenes reagieren müssen. Um diese Idee umzusetzen, reicht es nicht, wenn der Einzelne ein Handbuch liest. Vielmehr braucht es ein Umdenken in der gesamten Chefetage. Agile Führung erfordert eine erhöhte Selbstständigkeit der Mitarbeiter – und ein ganz neues Selbstverständnis bei Vorgesetzten.

Wer ist der Experte – und wer ist der Chef?

Gute Führungskräfte wissen: Die Experten sind die Mitarbeiter, nicht sie selbst. Der Chef, der alles selbst am besten kann, gehört in der modernen Arbeitswelt mit ihren komplexen Aufgabenbeschreibungen der Vergangenheit an. Um ein optimales Ergebnis zu erzielen, müssen Mitarbeiter mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen und Kompetenzen produktiv zusammenarbeiten. Vorgesetzte, die überall die Finger im Spiel haben möchten, nehmen sich selbst, den Mitarbeitern und dem Unternehmen die Möglichkeit, ihre Potenziale voll auszuspielen und weiterzuentwickeln. Die Führungskraft sorgt dafür, dass das Team ideal produktiv zusammenarbeitet. Heute gibt die Führungskraft daher den Rahmen vor, in dem sich die Mitarbeiter frei bewegen können – sie definiert das Ziel, die Mitarbeiter gestalten den Weg. Es gibt zwar klare Leitplanken, dazwischen aber auch viel Freiheit für die Kompetenz und die Erfahrung des Einzelnen. Es ist ein neuer, begleitender Führungsstil gefragt.

Früher war der Chef ein Alleskönner, heute ist er ein Coach

Vorgesetzte sind heute Coaches und, wenn nötig, auch Sparringspartner. Sie müssen ein offenes Ohr für die Bedürfnisse und Anliegen der Mitarbeiter haben. Ihre wichtigsten Qualitäten sind daher die Fähigkeit zuzuhören, klar zu kommunizieren und konkretes Feedback zu geben. Wer führt, muss Ziele und Erwartungen vermitteln können, damit dann wirklich alle an einem Strang ziehen. Aber Vorsicht, denn die Führungskraft ist kein „Feel-Good-Manager“: Die Verantwortung bleibt am Ende des Tages bei der Führungskraft. Nur so ist die Weiterentwicklung der Mitarbeiter möglich.

Nicht nur Ausnahmetalente wollen gefördert werden

Mitarbeiter möchten heute mehr denn je in einem guten Führungsumfeld arbeiten. Sie brauchen Freiheit, Möglichkeiten zum Lernen und Chancen zum Weiterentwickeln. Diese zu bieten, fällt in den Verantwortungsbereich ihrer Vorgesetzten. Sie müssen jeden einzelnen motivieren, kontinuierlich an sich zu arbeiten – sowohl an Stärken als auch an Schwächen. Davon profitiert nicht nur der Mitarbeiter, sondern auch das gesamte Team und das Unternehmen. Das gilt übrigens nicht nur für Ausnahmetalente. Jeder Mitarbeiter möchte mit seinen Stärken und seinen Bedürfnissen wahrgenommen werden. Gute Führungskräfte können auch versteckte Potenziale bei den Mitarbeitern heben, denen andere vielleicht nicht so viel zugetraut hätten. Fördern und fordern muss sich hierbei die Waage halten.

Gibt es einen männlichen oder weiblichen Führungsstil?

Wer persönliches Vertrauen in Vorgesetzte besitzt, leistet mehr. Diese einfache Erkenntnis bedeutet, dass Persönlichkeit der wichtigste Faktor für Personalverantwortung bleibt. Daher ist es schwierig, von einem weiblichen oder männlichen Führungsstil zu sprechen, wie es manchmal im Zuge von gesellschaftlichen Debatten geschieht. Frauen wird allgemein ein empathischerer, kooperativerer Führungsstil nachgesagt – Eigenschaften, die aber auch männliche Führungskräfte im heutigen Arbeitsumfeld benötigen. Nur mit männlichen oder weiblichen Mitarbeitern „gut zu können“, kann sich heute ohnehin keine Führungskraft mehr erlauben. Wer nicht auf alle Mitarbeiter baut und sich im Gegenzug deren Vertrauen erarbeitet, bringt das gesamte Team um wertvolle Kompetenzen. Führungsstärke entsteht von innen, nicht aus äußeren Zuschreibungen. Vorgesetzte, ob männlich oder weiblich, müssen ihren eigenen Führungsstil entwickeln und auf die Persönlichkeiten, die unter ihrer Verantwortung arbeiten, abstimmen. Gute Chefs sind daher in erster Linie eines: authentisch.

Fazit: Den eigenen Stil modern weiterentwickeln

Führungskräfte sollten sich selbst nicht dadurch überfordern, dass sie sich ambitionierte 100-Punkte-Programme vornehmen. Auch Vorgesetzte, die nur noch in Zitatbausteinen aus dem großen Handbuch für agile Personalführung sprechen, helfen sich und ihren Mitarbeitern nicht weiter. Bei der Rolle des Mitarbeiters müssen sie umdenken – nicht aber bei den klassischen Tugenden des Miteinanders, wie etwa Respekt vor der Leistung des einzelnen Mitarbeiters und klarer Kommunikation.
Gute Führung bedeutet letztlich vor allem, klare Ziele zu definieren, Mitarbeitern Freiräume zu lassen, sich für die Mitarbeiter zu interessieren, hinzuhören, achtsam zu sein, Feedback geben und annehmen zu können. Diese Grundsätze decken bereits den Großteil des Verantwortungsbereiches einer Führungskraft ab. Vor allem aber ist es wichtig, auch im Stress und Druck des Berufslebens den Überblick zu bewahren und den eigenen Führungsideen treu zu bleiben.
Der Artikel erschien im Whitepaper „Wie wir in Zukunft arbeiten“ der Randstad Deutschland GmbH & Co. KG . Zum kostenfreien Whitepaper mit weiteren Artikeln gelangen Sie hier

 

Über die Autorin:

Susanne Wißfeld ist Geschäftsführerin der Business Area South bei Randstad Deutschland. Nach dem Abschluss ihres Biologiestudiums sammelte sie Vertriebserfahrung im pharmazeutischen Außendienst. Ihre Laufbahn bei Randstad begann sie 1999 als Vertriebsdisponentin in Köln. Ab 2005 verantwortete sie als Distriktmanagerin den Distrikt Rhein-Mitte, bevor sie ab 2008 als Regionaldirektorin für die Regionen Mitte und Nord-West zuständig war. Seit 2011 ist Susanne Wißfeld Teil der Geschäftsführung von Randstad Deutschland.