Was hat Lehm mit Führung zu tun?

Lehm ist als einer der ältesten Baustoffe bekannt. Er dient zudem als Bindemittel und ist wasserdurchlässiger als Ton. Was hat Lehm mit der Führung zu tun? Eine ganze Menge. Schauen wir uns das Bild in alteingesessenen und bisher durchaus auch erfolgreichen Unternehmen an. Wir haben ein starr organisiertes System, das sich durch seine Hierarchien zusammenhält. Oben, ein paar wenige Führungskräfte, eine etwas breitere und große Mittelschicht und unten dann der Großteil der Mitarbeiter, die die Leistung erbringen.

Die Unternehmen sind häufig dem Mikromanagement verfallen. Jeder Führungskraft ist daran gelegen, viele Mitarbeiter zu führen, möglichst viel Wissen und Macht in den eigenen Händen zu tragen und gut im Vergleich mit den anderen da zu stehen. Die Führungskräfte fühlen sich in ihrer Kultur recht wohl, sie haben kaum Risiko, sie ähneln sich alle irgendwie und können gut miteinander. Entscheidungen werden in der Regel nach oben verlagert, die Entscheidung wird lediglich durch die Führungskräfte vorbereitet. Die Frage ist hierbei jedoch: Woher kommen die Innovationen? Wie wird Transformation gelebt?

Ein Beispiel anhand der Digitalisierung:
Die Unternehmensleitung erkennt, dass sich die Führung ändern muss. Es ist schließlich überall zu hören und zu lesen, dass die Veränderungsgeschwindigkeit immens zugenommen hat. Lange Entscheidungswege behindern hierbei das eigene Weiterkommen. „Wir müssen uns von ellenlangen Präsentationen und Jour Fixen verabschieden und den Mitarbeitern mehr Verantwortung übertragen.“

Eine edle Entscheidung. „Ja, lasst uns den Mitarbeiten mehr Verantwortung übertragen.“

In einigen Workshops wird beschlossen wie man die Sache angehen kann. Die Unternehmensleitung ist sich mittlerweile sicher, dass sie mit dieser Entscheidung auf dem richtigen Weg ist. Es wird auch so an die Führungskräfte und Mitarbeiter kommuniziert.

Konsequenzen dieser Entscheidung:

  1. Die Mitarbeiter auf den unteren Hierarchieebenen jubeln. Das wollten sie schon immer: mehr Verantwortung und ihren eigenen Entscheidungsspielraum. Endlich sind sie erhört worden.
  2. Die Führungskräfte sind verunsichert. Was habe ich noch zu entscheiden, wenn jeder meiner Mitarbeiter seinen eigenen Spielraum hat? Dann brauchen die mich doch gar nicht mehr. Was ist denn dann noch mein Spielraum und wie definiere ich die jeweiligen Spielräume der Mitarbeiter?
  3. Die oberste Führung ist zufrieden, denn sie hat gehandelt.


Was hat das jetzt nochmal mit der Lehmschicht zu tun?

Oben und unten ist man der klaren Überzeugung, dass mehr Verantwortung verteilt wird. Das Wasser, das oben rein gekippt wird, wird sich aber nur ganz langsam seinen Weg bahnen können. Die Lehmschicht (unter 2. aufgeführt) ist handlungsunfähig, verunsichert und trägt große Ängste mit sich herum. Der Veränderungsprozess wird nicht gelingen, wenn nicht kontinuierlich Löcher in die Lehmschicht gebohrt werden, damit das Wasser zielgerichtet unten ankommt.

Das Löcherbohren geht aber nicht von heute auf morgen. Es ist ein Prozess, der von der obersten Führung vorgelebt werden muss, der mit Nachdruck und Ernsthaftigkeit verfolgt werden muss. Die Unternehmensleitung darf nicht mehr zulassen, dass die Führungskräfte Entscheidungen nach oben delegieren, sie müssen konsequent nach unten zurückgegeben werden. Die Führungskräfte brauchen etwas, an dem sie sich festhalten können, dem sie vertrauen können, damit am Ende die Transformation gelingen kann. Sie müssen verstehen, dass das Empowerment der Mitarbeiter ernst gemeint ist.

Wie gesagt ist die Lehmschicht auch als Bindemittel bekannt und die Führungskräfte halten die Organisation zusammen. Das muss man ihnen bewusst machen. Die Verantwortungen verschieben sich, aber gerade da ist Führung überaus wichtig. Die Führungskraft wird erstmals wieder in die Lage versetzt, selbständig zu führen, denn auch sie trägt ab jetzt mehr Verantwortung.

Ein Unternehmen muss alle zugehörigen Parteien bei einer Transformation mitnehmen und darf es nicht als selbstverständlich hinnehmen, dass Führungskräfte da schon mitgehen werden. Es geht darum, Ängste abzubauen, ein neues Selbstbewußtsein in der Organisation aufzubauen und den größtmöglichen Teil aller Menschen zu erreichen.

Quelle: Tatjana Erhardt / nextexitfuture.com

Tatjana Erhardt
Tatjana ErhardtGeschäftsführerin
Tatjana Erhardt ist Geschäftsführerin bei nextexitfuture. Generalistin mit Schwerpunkt Veränderungsmanagement, Strategieberaterin, Coach für Hochbegabte / Hochsensible mit langjähriger Führungs- und Vorstandserfahrung.

nextexitfuture wurde von 8 einzigartigen Frauen gegründet, die aus den unterschiedlichsten Unternehmen und Branchen kommen. „Wir haben zusammen über 160 Jahre Erfahrung im Top-Management – inklusive Vorstands-, Aufsichtsrats- und Investorenerfahrung. Wir bündeln unsere Erfahrung, Empathie, weibliche Kommunikations- und Führungsfähigkeiten und unsere Wertevorstellung. Das alles stellen wir Ihnen in einer ganzheitlichen Strategieberatung zur Verfügung, in der der Mensch im Mittelpunkt steht. Wir begleiten Ihr Unternehmen somit werteorientiert, innovativ und individuell in die digitale Zukunft. Darüber hinaus koordinieren wir ein professionelles Partnernetzwerk, in dem unsere Philosophie gelebt wird.“