Für die vielen faszinierenden Oldtimer haben die Besucher kaum einen Blick übrig. Auch wenn die eine oder andere historische Karrosse für manchen vielleicht ein Objekt der Begierde sein mag: Zur Jahrestagung der „Allianz pro Fachkräfte“ im Nürnberger Ofenwerk strömen 310 Vertreter von Unternehmen, Wissenschaft und Institutionen aus einem ganz gewichtigen Grund. In dem 100 Jahre alten Industriegebäude, in dem zuletzt noch bis 2004 Industrieöfen produziert wurden, steht die „Arbeitswelt 4.0“ auf der Agenda.

Wenn sich IT-Systeme und Produktionsprozesse immer stärker miteinander vernetzen und Wertschöpfungsketten sich wandeln, verändert sich auch das Personalwesen gefragt. „Die Maschinen werden in atemberaubendem Tempo klüger. Doch welches Tempo legt dabei der Mensch vor?“, fragt Dirk von Vopelius, Präsident der IHK Nürnberg für Mittelfranken, in der Begrüßung.

„Wir beschäftigen uns bereits mit Industrie 4.0 und mit Arbeit 4.0“, sagt Frank Sicheneder, Personalreferent bei der Stabilo International GmbH. „Ich erhoffe mir von der Tagung neue Ideen und neue Blickwinkel.“  Speziell über den Umgang mit „Big Data“, den immer größer werdenden Datenmengen, erwartet der Personalreferent praxisorientierte Informationen, „damit wir ein besseres Gespür dafür bekommen, ob wir uns auf dem richtigen Weg befinden.“ Anders Doreen Schäfer: „Mich interessieren webbasierte HR-Lösungen“, sagt die Distriktmanagerin bei Randstad, „und dass man sieht, was es Neues gibt.“

Vernetzung ist überall

Neues ist reichlich zu hören und zu erleben. Nicht zuletzt aus dem Munde eines, wie Dirk von Vopelius ankündigt, „echten Großkalibers“ als Keynotespeaker: Prof. Dieter Kempf, der langjährige Vorstandsvorsitzende der DATEV eG in Nürnberg und designierter BDI-Präsident, referiert über das Thema Arbeitswelt 4.0. „Der Fachkräftebedarf steigt weiterhin dynamisch an und verändert sich dynamisch“, sagt Dirk von Vopelius einleitend und betont: „Wir sehen uns auch den kleinen und mittelständischen Unternehmen verpflichtet.“ Dass die Vernetzung allumfassend ist, „überall im Alltag geschieht“ und nicht nur Konzerne und die Großproduktion betrifft, unterstreicht auch Dieter Kempf.  Die Digitalisierung spiele im Mittelstand sehr wohl eine Rolle, allerdings in einem unterschiedlichen Ausmaß.

Fünf Herausforderungen für die Gesellschaft

Die Digitalisierung sei, so Kempf, getrieben von fünf Faktoren: dem Internetprotokoll IPv6, der breitbandigen Datenübertragung, vernetzungsfähigen Systemen wie etwa mobilen Geräten oder dem „Internet der Dinge“ sowie der Möglichkeit, von überall auf alle Daten zugreifen zu können. Nicht zuletzt sei die sichere Datenübertragung wesentlich – einhergehend mit der Sicherheit von Daten, IT-Systemen und dem Schutz personenbezogener Daten.

Gleich fünf gesellschaftliche Herausforderung definiert der designierte BDI-Präsident: intelligente Energie- und Verkehrsnetze, Bildungs- und Behördennetze sowie intelligente Gesundheits-Telematik. In diese Netze müssten unbedingt investiert werden. Darüber hinaus entwirft Kempf eine „Smart-Factory“ – an die Stelle  vollautomatisierter Produktionsprozesse trete eine flexible Arbeitsteilung, in der Mensch und neuartige Leichtbau-Roboter Hand in Hand arbeiten. Ja, die Digitalisierung werde Arbeitsplätze ersetzen. Demnach werden sich Tätigkeiten völlig verändern, nicht aber Berufe selbst. Kempf fordert daher „digitale Vermittlungskompetenz“ ein. Die digitale Transformation sorge für „disruptive Erwerbsbiographien“, auf  die Arbeitgeber und Arbeitnehmer reagieren müssten.

Vorträge und Workshops

Ob “Handwerk im Wandel der Digitalisierung”, Agiles Management in KMUs, Change Management 4.0 oder die Ergebnispräsentation der Studie “Auswirkungen der Digitalisierung auf das Personalwesen”– zahlreiche Vorträge und Workshops beleuchten im Anschluss an die Keynote die Arbeitsorganisation der Zukunft sowie Personal- und Kompetenzentwicklung 4.0 in den Unternehmen. In fünf Runden können die Teilnehmer jeweils einen Vortrag oder Workshop besuchen. Zusätzlich gibt es Start-up-Pitches, eine Ausstellungsfläche für junge Unternehmen und zahlreiche Informationsstände. (Zum Programm)

In der Abschlußrunde unterstreicht IHK-Chefökonom Udo Raab die Aufgabe der IHK: „Wir müssen sensibilisieren, informieren und beraten“. Dies umfasse zum Beispiel auch die geförderte Beratung kleinerer KMUs. Wie bedeutend das Thema Arbeitswelt 4.0 für die IHK Nürnberg für Mittelfranken ist, zeigt die Planung: Auch 2017 wird sich Jahreskonferenz der Allianz für Fachkräfte wieder mit Industrie 4.0 beschäftigen. „Die Digitalisierung wird uns nicht loslassen“, sagt Raab. „Wir haben in der Region gute Voraussetzungen, aber wir müssen es anpacken.“

Ilona Hörath

Rückblick

Die Veranstaltung wurde live bei Twitter unter dem Hashtag #jkapf2016 und auf dem Twitterprofil der Allianz pro Fachkräfte begleitet.

Wir danken allen Helfern, Referenten und Ausstellern sowie natürlich allen Teilnehmern der Veranstaltung für ihre Unterstützung bei der Jahreskonferenz!