Im Rahmen der Veranstaltungsreihe IHK-KulTOUR diskutieren wir immer wieder spannende Fragen, die sich mit um die Themen Change, Unternehmenskultur und NewWork drehen. Corona hat hier als Katalysator für Vieles gedient, für das Thema Remote-Work natpürlich ganz besonders. Bereits im Frühjahr stellten wir uns bei einer Veranstaltung mit den über dreißig Teilnehmern deshalb die Frage: „Wohin geht der Weg nach der Pandemie? Bleiben wir alle im Home-Office, welche Rolle wird das Büro künftig haben und können die Teams virtuell überhaupt auf Dauer produktiv arbeiten?
Prof. Dr. Sven Laumer von der FAU fasste knackig und klar Ergebnisse seiner Forschungsarbeit zusammen. Die Antwort auf die Frage „Können virtuelle Teams auf Dauer produktiv arbeiten?“ lautet: Jain. Denn natürlich sind die Ergebnisse komplexer. Seine Antwort fusst dabei zum Teil auf Forschungsarbeiten von vor der Pandemie. Im Kontext von IT Open-Source-Projekte stellte Laumer damals schon fesst, dass unter bestimmten Umständen virtuelle Teams produktiv sein können, Teams die sich aber auch persönlich treffen unter bestimmten Umständen noch produktiver sein können. Dabei definierte er virtuelle Teams durch drei Merkmale: Virtuelle Teams haben demnach geographisch, zeitlich und kulturell Distanz zueinander. In der Forschung zu den Open-Source-Projekten zeigte sich damals, dass viele der Projekte scheiterten oder nicht produktiv arbeiteten. Laumers These damals: Distanzen haben einen negativen Einfluss auf die Produktivität. Die Lösung in der Open-Source-Softwareentwicklung war klar: Es wurden Offline-Kontakte über Konferenzen und ähnliche Formate eingeführt. Da nun eine Vergleichsgruppe mit Offline-Kontakten da war ließen sich nun verschiedene Faktoren auf ihre Auswirkungen bezüglich der Produktivität überprüfen, mit erstaunlichen Ergebnissen:
- Kulturelle Distanz – Ohne persönlichen Kontakt sind kulturell homogene Teams produktiver. Gibt es aber die Möglichkeit zu regelmäßigen Treffen, so sind kulturell diverse Teams leistungsfähiger.
- Teamerfahrung – Neue Teams profitieren am meisten von offline Kontakten, bestehende Teams die sich schon lamnge kennen jedoch kaum
- Projekterfahrung – Besonders neue Projekte profitieren von offline Kontakten, bestehende Projekte mit klaren Strukturen/Abläufen/Aufgaben dagegen kaum.
Was ergibt sich daraus angesichts der aktuellen Lage? Eine Veröffentlichung aus der Harvard Business Review[1] vom letzten Jahr gibt an, die Kommunikation mit starken Beziehungen hätte in der Pandemie um 40 Prozent zugenommen, während die Kommunikation mit schwachen Beziehungen um zehn Prozent zurück gegangen sei. Zugleich blieb die Produktivität, nach Rückmeldung vieler Personalverantwortlicher stabil. Aus diesen Daten lassen sich Schlüsse ziehen: Virtuelle Teams haben während der Pandemie produktiv gearbeitet, weil es Teams mit hoher Team- und Projekterfahrung waren. Für die Zeit nach der Pandemie lassen sich aber aus der Forschung weitere Aspekte zum Thema Remote-Work ableiten:
- Routine- und Einzelaufgaben können besser im Home-Office erledigt werden, wenn die Aufgabe und die Arbeitsplatzausstattung dies zulassen.
- Zusammenarbeit im Kernteam, wenn man bereits länger an einem Projekt oder im Team zusammenarbeitet, wird auch gut virtuell funktionieren.
- Für (kulturell) heterogene Teams wird der offline Kontakt wichtig sein, um produktiv arbeiten zu können.
- Innovation und Kreativität erfordert eher den direkten offline Kontakt, Innovation entsteht durch den Zufallskontakt.
- Für Teams mit wenig Teamerfahrung (neue Mitarbeiter) wird der offline Kontakt wichtig sein.
- Für neue Projekte (neue Themen, neue Kunden, Innovation) wird der offline Kontakt wichtig sein.
Das Büro wird also vermutlich als Arbeitsort bleiben. Seine Funktion wird sich jedoch ändern. Das Büro dient als Leistungsbündel, ähnlich wie eine Konferenz, die auch verschiedene Dienstleistungen wie Veranstaltungen, Kaffeepausen, etc. bietet und unterschiedliche soziale Beziehungen unterstützt. Denn, so Laumer, für die Produktivität des einzelnen Software-Entwicklers in einem virtuellen Team ist vor allem das emotionale Vertrauen wichtig und emotionales Vertrauen entsteht durch persönlichen Kontakt.
[1] Bernstein et al. 2020, Harvard Business Review Digital