Künstliche Intelligenz sorgt für passgenaue Informationen: IHK und TH Nürnberg entwickeln Online-Portal für ausländische Fachkräfte.
Die Einwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern wurde durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz deutlich erleichtert. Doch nach wie vor gibt es Nachholbedarf bei den behördlichen Abläufen und bei der Information der ausländischen Experten, so der Tenor der Unternehmen, die sich im IHK-Ausschuss für Fachkräftesicherung engagieren. Deshalb entstand die Idee, eine Informationsplattform für Fachkräfte aus der ganzen Welt aufzubauen, die sich für eine Tätigkeit in der Metropolregion Nürnberg interessieren oder schon hier tätig sind. Das Besondere dabei: Es soll nicht ein weiteres Internet-Portal entstehen, dessen Inhalte mit hohem Aufwand gepflegt und aktuell gehalten werden müssen. Vielmehr soll Künstliche Intelligenz (KI) dabei unterstützen, bestehende Daten und Fakten aus dem Netz so zusammenzuführen, sodass die ausländischen Experten die für sie optimalen Informationen erhalten – je nach Beruf, Familienstand, Herkunftsland oder ausländerrechtlichem Status.
Bis Ende dieses Jahres will die IHK Nürnberg für Mittelfranken gemeinsam mit der Technischen Hochschule Nürnberg die grundlegende Infrastruktur für das neue Portal aufgebaut haben. Koordiniert wird die Arbeitsgruppe von Dr. Stefan Reinheimer, Geschäftsführer des Nürnberger IT-Beratungsunternehmens BIK GmbH. Die Empolis GmbH mit Sitz in Kaiserslautern stellte die Software zur Verfügung.
Über allem steht die Frage, wie man den Fachkräften aus dem Ausland mit optimalen Informationen den Start in der Region erleichtern kann. Denn jeder, der sich für eine Tätigkeit in Deutschland interessiert bzw. vor Kurzem zugezogen ist, hat viele Fragen und muss viele Angelegenheiten des täglichen Lebens klären, um privat und beruflich starten zu können. Viele solcher Informationen sind schon auf unterschiedlichen Portalen abrufbar, z. B. ausländer- und sozialrechtliche Fragen sowie Tipps für Spracherwerb, Wohnungssuche, Schulbesuch und Betreuung der Kinder, Führerschein, kulturelles Angebot, Weiterbildungsmöglichkeiten und vieles mehr. Das Manko: Es gibt nach Beobachtung der Arbeitsgruppe kein zentrales Medium, das alle diese Informationen passgenau für die jeweilige Lebenssituation der Nutzer und stets aktuell anbieten würde. Deshalb bleibt den ausländischen Fachkräften oft nichts anderes übrig, als zu googeln. Doch gezielt gesucht werden nur die Informationen, von denen man weiß, dass man sie benötigt. Naheliegende, aber unbekannte Daten, die ebenso bedeutsam sind, bleiben unbeachtet.
Komplexe Begriffe strukturieren
Diese Probleme der Informationsbeschaffung will die Arbeitsgruppe nun mit Methoden der Künstlichen Intelligenz lösen. „Wir wollen sozusagen einen Navigator für Zuwanderer einrichten“, so Ronald Smutny, der die IHK-Projekte im Bereich Fachkräftesicherung koordiniert. Technologische Basis der Plattform ist laut Prof. Dr. Thomas Bahlinger, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der TH Nürnberg, ein sogenanntes Semantisches Netz. Dies ist ein Modell von Begriffen und von deren Beziehungen untereinander, die wiederum thematisch geordnet dargestellt werden (sogenannte Ontologien). Auf dieser Basis sollen dem Nutzer auch die Informationen angezeigt werden, nach denen er nicht gesucht hat, die aber dennoch für ihn relevant sind. Mit 48 Studenten hat Bahlinger bereits in einem Projektseminar begonnen, die Ontologie zu erstellen und das Semantische Netz zu befüllen. Außerdem wurden sogenannte „Personas“ (Typen von Nutzern mit bestimmten charakteristischen Merkmalen) angelegt und verschiedene Nutzungsvarianten durchgespielt. Schließlich benötigt ein Student aus Indien, der sich in Nürnberg für Wirtschaftswissenschaften einschreiben will, andere Informationen als ein Elektroingenieur mit Familie aus Kanada, der in Erlangen ein Jobangebot hat. Mit solchen Unterschieden bezüglich Alter, Familienstand, Qualifikation, Herkunftsland, Stand der Vorbereitung, Zielort und aktueller Lebenssituation soll das neue Portal umgehen und den Nutzern die passgenauen Informationen anbieten können.
„Wir benötigen nun noch weitere Partner wie Kommunen, Behörden oder Dienstleister, mit denen wir das Semantische Netz gemeinsam weiter befüllen. Das Schöne ist, dass so ein Netz ständig größer werden kann und man auf diese Weise immer mehr Wissen verfügbar macht“, so Projektkoordinator Dr. Stefan Reinheimer.